Es ist für mich ja schon fast normal vor jedem Fototermin Respekt, ich möchte manchmal schon fast sagen, Angst zu haben. Ich bin bekanntermaßen eher ein Angsthase. Für diesen Fototermin hatte ich mir extra Urlaub genommen, denn der Mann, den ich im November getroffen habe, ist eine beindruckende Persönlichkeit mit einem wahnsinnig vollem Terminkalender: Professor Klaus Honnef.
Vor einigen Wochen kam ich durch einen Beitrag des Kunstmuseums Bonn im Internet spontan auf die Idee, ihn zu fragen, ob er nicht Teil meines Projektes Gesichter Bonns werden möchte. An der Stelle muss ich gestehen, dass ich ihn bis zu dieser Entdeckung nicht kannte. Im Grunde sehr peinlich für jemanden wie mich, der von sich behauptet sich viel mit Fotografie zu beschäftigen. Kurz zusammen gefasst: Wenn er über meine Fotos sagen würde, sie sind Mist, dann sind sie das auch. Denn er ist wirklich einer der ganz großen Persönlichkeiten im Bereich der künstlerischen Fotografie. Auch wenn er, wie er über sich selber sagt, als Kunstschaffender ungeeignet ist, hat Honnef für die Fotografie sehr viel getan. Immerhin war er in den 70er Jahren einer der ersten, die in Deutschland eine Sammlung über Fotografie anlegen ließen und das im LVR in Bonn. Damals galt Fotografie nicht als Kunst und das wollte er ändern. Er war Professor für theoretische Fotografie, Kurator, Ausstellungsleiter, hat unendlich viele Bücher geschrieben und wurde für sein Engagement als „Vermittler künstlerischer Fotografie“ 2011 mit dem DGPh (Deutsche Gesellschaft für Photographie) Kulturpreis ausgezeichnet. Von 1974–1994 war er im LVR Leiter der Abteilung “Wechselnde Ausstellungen”. Wenn ihr das jetzt alles gelesen habt, versteht ihr vielleicht meine Nervosität an dem Morgen, bevor ich mich auf gemacht habe, die Portraits von ihm zu schießen.
Schon allein bis ich mich zu einem Anruf durchgerungen hatte, brauchte ich zwei Tage und hatte dann seine Frau am Telefon, die mir nach meinen Erklärungen zum Projekt gleich sehr freundlich sagte: „Oh, da macht er bestimmt mit! Aber er ist leider gerade unterwegs.“ Als ich ihn dann einige Tage später selbst am Telefon hatte und ihm vom Projekt erzählte, lachte er und sagte: „Das ist eine Menge Arbeit“ und willigte ein.
An diesem Novembermorgen machte ich mich also auf den Weg nach Poppelsdorf und war schon alleine vom wunderschönen Haus (Baujahr 1900) sehr beeindruckt. Während ich auf Klaus Honnef wartete – er kam ein paar Minütchen später von seinem Interview mit dem SPIEGEL zurück – saß ich in Mitten von Kunst im Wohnzimmer. Ich glaube so extrem hohe Decken habe ich zuvor noch in keiner Wohnung gesehen. Selbst in anderen schönen Altbauten in Bonn kamen mir die Decken weniger erhaben vor. Vielleicht lag das auch ein wenig an der Wohnung selbst, mit all den tollen Kunstwerken an den Wänden und der großen Buchsammlung in Honnefs Arbeitszimmer. Unglaublich viele wunderschöne Bildbände stehen dort allein an der einen Wand, die mindestens 5 Meter lang ist, bis zur Decke im Regal. Die Wohnung inklusive seinem Arbeitszimmer ist sein Lieblingsort in Bonn. Als vor Jahren der Regierungswechsel nach Berlin erfolgte, hatten er und seine Frau kurz überlegt, ebenfalls nach Berlin zu ziehen. Aber er hatte keine große Lust all die Bücher quer durch die Republik zu transportieren und so blieben sie in Bonn.
Da er in den Kriegsjahren geboren ist, war seine Kindheit nicht gerade entspannt. Geboren 1939 in Tilsit waren er und seine Familie nahezu immer auf der Flucht, unterwegs zwischen Trümmern und heimatlos. So ist er auch sein weiteres Leben immer viel Unterwegs gewesen, hat in Köln, Aaachen und Münster gelebt und ist seit 1974 in Bonn.
Für ihn ist Bonn ein guter Startpunkt um zu verreisen. Man ist sehr schnell in Paris und London. Das ist für seine Tätigkeit sehr wichtig, um die Kulturzentren des Westens schnell zu erreichen. Nach unserem Treffen musste er auch schon wieder zum nächsten Vortrag. Als ich ihn zurück zu seiner Wohnung fuhr, sprachen wir über das Älter werden. Für ihn kommt es nicht in Frage aufzuhören zu arbeiten. „Man bleibt nur rege wenn man etwas schafft.“
Honnef schaut meist sehr streng und erhaben, war aber sehr entspannt und sympathisch. Ich hätte wirklich keine Angst vor ihm haben müssen.